Über eine Empfehlung des Online-Portals „Krautreporter“ bin ich auf einen Artikel bei ze.tt aufmerksam geworden, den ich sehr interessant und darüber hinaus auch noch zutreffend finde.
In diesem Artikel geht es darum, dass viele Übersetzerinnen und Übersetzer, deren Arbeit wir beinahe täglich vor den Augen haben, nicht in dem Maße gewürdigt werden, wie sie es eigentlich verdient hätten. Ausnahmen, wie etwa der fantastische Harry Rowohlt, der selber zu einer Marke wurde, bestätigen die Regel.
Der Artikel nennt Namen und Verdienste, was sich nicht nur auf die Literatur im engeren Sinne beschränkt. So wird auch der Einfluss von Erika Fuchs darauf, wie man Comic übersetzen sollte, bzw. der von Rolf Kauka, wie man es eben nicht machen sollte, gewürdigt.
Ich muss gestehen, dass ich zu beinahe 100% Übersetzungen lese. Wahrscheinlich wäre ich zwar durchaus in der Lage, mir zumindest auch ein englischsprachiges Buch vorzunehmen, aber es entscheidet dann doch meistens die Bequemlichkeit.
Puristen würden sagen, dass ich auf diese Weise eigentlich nie den tatsächlichen Autor lese, sondern immer das, was ein Übersetzer daraus gemacht hat. Und eine gute Übersetzung ist ja so viel mehr, als eine pure 1:1-Übertragung der fremdsprachigen Worte. Sie wird selber Teil der Popkultur, sei es nun „Ein Ring, sie zu knechten“, „Möge die Macht mit dir sein“ oder „Die Welt hat sich weitergedreht“.
Auf der einen Seite ist es sicherlich schade, dass Originale dadurch an Verbreitung verlieren. Man muss aber auch anerkennen, dass es ohne die in Deutschland etablierte Übersetzungskultur wohl nie Bestseller gegeben hätte, die etwa aus den skandinavischen Ländern stammen, oder gar aus Fernost. Märkte, auf denen es weniger häufig zu Übersetzungen kommt, allen voran der amerikanische Markt, sind in dieser Hinsicht oft ärmer und kreisen mehr um sich selbst.
Ähnlich ist es ja im Film- und Fernsehgeschäft, wo es in Form der Synchronisierung zu einer vergleichbaren Gemengelage kommt. Hier hören wir deutschen Schauspielerinnen und Schauspielern dabei zu, wie sie die Arbeit ihrer amerikanischen Kolleginnen und Kollegen in unsere Sprache übertragen – was schon mal dazu führen kann, dass man bei zwei aufeinander folgend gesehenen Produktionen denselben Sprecher in vollkommen unterschiedlich angelegten Rollen findet. Was dann schon mal verwirrend sein kann.
Tatsache ist aber, dass ohne die Arbeit der Übersetzerinnen und Übersetzer unser literarischer Markt wesentlich eindimensionaler wäre. Deswegen ist es durchaus angemessen, diesen Textarbeitern im besten Sinne eine kleine Aufmerksamkeit in Form von Anerkennung zukommen zu lassen. Und das tut dieser Artikel, den ihr hier finden könnt.
Kann ich als ehemalige technische Übersetzerin nur bestätigen. Dabei hatte ich im Verhältnis gesehen immer den einfacheren Part als Literaturübersetzer. Ich musste allenfalls mal einen schnittigen Slogan übersetzen, während die Kolleginnen und Kollegen oft ganz tief in die Welt des Protagonisten eintauchen mussten. Dafür Chapeau! 🎩
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Ach, du bist das gewesen, die japanische Anleitungen über den Umweg Sanskrit nach Esperanto übersetzt hat, was dann wiederum von einer Horde dressierter Affen ins Deutsche übersetzt wurde? 😉
Stelle ich mir allerdings verdammt anspruchsvoll vor, weil man ja schlechterdings nicht einfach irgendwas fabulieren kann.
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Ganz viel Spaß machen Texte über technische Zusammenhänge, die man selbst überhaupt nicht versteht…
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Ich dachte, das wäre eine Grundvoraussetzung, um diese Art Anleitungen übersetzen zu dürfen …
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Hahahaha.
Idealerweise hat man Ahnung.
Aber nicht jeder Übersetzer kann alles wissen…
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So jemand, der alles weiß, wäre mir auch latent unheimlich …
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dann sind Übersetzer Grenzgrusel 😉
Die müssen nämlich irre viel wissen.
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Du warst mir immer schon ein wenig unheimlich 😉 .
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Hahaha. Ich bin dann ja auch lieber Journalistin geworden, weil ich dann doch nicht sooo viel weiß 😉
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Vor Übersetzern ziehe ich den Hut. Wenn es sie nicht gäbe, sondern nur Maschinen, die die Worte übersetzen, ginge viel Literatur verloren und manche Romane holperten nur so daher …
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Der Alptraum jedes Autoren: Man bekommt eine ausländische Ausgabe seines Romans – und die wurde von Google automatisch übersetzt 😉 .
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Erst mal danke für diese Worte.
Ich bin da ja zwiegespalten.
Zum einen, weil es schön ist, dass es Übersetzungen gibt. Es gibt ein Buch käuflich zu erwerben, in dem mein Name steht. Weil ich da mit übersetzt habe. Da steckt Herzblut drinne und die Texte wären sonst für kaum jemanden hier zugänglich gewesen. Denn wir haben sie nicht nur aus dem Spanischen ins Deutsche übertragen, sondern auch ganz behutsam kulturelle Aspekte verständlich gemacht (es handelte sich um Texte aus der La-Plata-Region mit indigenen Einflüssen und so…)
Will sagen: Es geht eben nicht nur darum, den Text von einer Sprache in die andere zu prügeln. Deswegen ist es so wichtig, dass es ausgebildete Übersetzer gibt und nicht nur Leute, die halt zwei Sprachen können oder – würg – Maschinen.
Auf der anderen Seite lese ich auch oft grauslige Übersetzungen. Die viel kaputt machen. Weil sie grob mit dem Original sind. Oder zu zaghaft. Ganz oft erkenne ich im deutschen Satz – der zwar nicht falsch ist, aber doch irgendwie seltsam – die Satzstruktur der Ausgangssprache wieder. Vielleicht merke nur ich solche Sachen, weil ich weiß, was alles schief gehen kann. Aber manchmal frage ich mich, was Menschen entgeht, die das eben nicht merken?
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Du erstaunst mich immer wieder 🙂 . Wenn jetzt die verflixte Geheimniskrämerei um Frau Fragezeichen nicht wäre, wüsste ich, welches Buch auf meine To-Read-Liste käme *g.
Ich danke dir für deine Gedanken. Tja, was Menschen entgeht, ist wirklich die große Frage. Manchmal habe ich diesbezüglich auch ein schlechtes Gewissen. Man merkt es eben irgendwann nicht einmal mehr, weil man so in seiner Übersetzungsblase drin steckt.
Hin und wieder meldet sich das Bauchgefühl und hebt mahnend den Finger, aber man nimmt es zu schnell hin. Wie schon gesagt: Bequemlichkeit …
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Naja, ich habe ja mal erwähnt, was ich studierte.
Das war Teil eines Uni-Projekts.
Mein Hasi musste einen Literatur-Übersetzungskurs belegen und war nur so mittelbegeistert. Sie fragte mich dann, ob ich nicht als Gasthörerin dazustoßen wolle, weil ich Literatur doch so dolle finde. Und die Dozentin liebte ich auch.
So kam das dann.
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Als jemand, der sich als literarische Übersetzerin die Brötchen verdient und ständig die Entscheidung trifft, was kann ich, was muss ich, was soll ich im Text erklären, damit es deutschsprachige LeserInnen verstehen, was kann ich lassen und was muss ich ändern, nicke ich zustimmend.
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Das stelle ich mir als große Herausforderung vor, diesen Spagat zwischen Werktreue und Verständlichkeit. Wahrscheinlich muss man da manchmal auch einfach Mut zur Lücke haben, oder?
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Weniger Mut zur Lücke, sondern mehr kurze Erklärungen einfließen lassen. So wird aus „er arbeitet bei Dairy Queen“ eben „er arbeitet in einem Dairy Queen Restaurant“, während „McDonald’s“ bleiben kann, weil das eh jeder kennt 😉
Da hilft dann ein gutes Lektorat, mit dem man zusammen abstimmt, was noch an Erklärung rein muss, was weg kann und was wir adaptieren müssen. Und ich mache öfter Umfragen im Freundeskreis, ob gewisse Begriffe bekannt sind, damit ich einen Anhaltspunkt habe, wie nah ich am Original bleiben kann.
Langweilig wird dieser Job jedenfalls nie 😀
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Klingt interessant. Sensibilisiert wurde ich für das Thema in meiner Jugend, ausgerechnet, durch amerikanische Fernsehserien, bei denen die deutsche Übersetzung versuchte, alles an amerikanischem Kulturgut durch deutsche Entsprechungen zu ersetzen. Teilweise war das ganz schön gruselig – und ist heute hoffnungslos outdated.
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